Im Einsatz am «Eidgenössischen» (ESAF) in Pratteln

Das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest (ESAF) hat in der Ausgabe 2022 in Pratteln während vier Tagen über 400'000 Besucherinnen und Besucher in seinen Bann gezogen. Solche Events sind ohne helfende Hände von Freiwilligen nicht möglich – oder ohne eines Grosseinsatzes der Samariter.

Samstagvormittag auf dem Festgelände des ESAF. Tausende Leute drängen sich in und um die Schwingarena. Die Menschen geniessen das grösste Volksfest der Schweiz. Ein Glück, dass alles ruhig verläuft.

«Schön bist du da», sagt Paul Ammann (58), Vizepräsident des Kantonalverbands (KV) beider Basel. Die herzliche Begrüssung richtet sich an Beatrice Wessner (67). Beatrice, Vorstandskollegin und Präsidentin des KV beider Basel, ist soeben 15 Kilometer mit dem Velo von ihrem Wohnort nach Pratteln gefahren. Sie macht sich mit Paul auf den Weg über das Festgelände zum Sanitätsposten «Sana 10», um ihre Samariter bei der Arbeit zu besuchen. «Sana 10» ist einer von zehn betriebenen Sanitätsposten. Dort hat Paul von gestern Abend bis heute Morgen nach 10 Uhr seine 12-Stunden-Schicht als Postenchef geleistet.

Der Einsatzmorgen: alles läuft reibungslos
Mit Eintritt in das Sanitätszelt von unverkennbar militärischer Herkunft und der angegliederten Sanitätshilfsstelle (San Hist) wird der Blick frei auf das Innenleben des Postens. Sieben Samariterinnen und Samariter, eine Rettungssanitäterin und ein Angehöriger der Armee besetzen den Posten. Es gibt klare Abläufe: Der Postenchef nimmt die Triage vor und lässt die Personalien der Patienten aufnehmen. Anschliessend übergibt er die Patienten einem Samariter zur Behandlung. Alle Anfragen, Zuteilungen und Entscheidungen gehen über den Postenchef, der die Rolle als Verbindungsperson zur Einsatzleitung innehat. «In dieser Rolle hat man die Verantwortung für den ganzen Sanitätsposten und sorgt für einen reibungslosen Betrieb», sagt Paul.

Die Nachtschicht: Motivierende Zusammenarbeit
Es ist aber keinesfalls so, dass er sich aufgrund seiner Funktion wichtig nimmt: «Das Grossartige an solchen Einsätzen ist die Zusammenarbeit mit Menschen, die das gleiche Ziel haben: das Wohlergehen der Mitmenschen im Notfall. Es ist eine Chance, immer auch etwas von anderen Fachleuten dazuzulernen.» Letzte Nacht waren beispielsweise auch ein Soldat im Grad eines Gefreiten mit ihm im Einsatz, der im zivilen Leben Arzt ist und eine Rettungssanitäterin. Für Paul eine «Bereicherung und wertvolle Unterstützung, die nur dank dem Freiwilligen- und Milizsystem der Schweiz möglich ist.» Insbesondere bei Themen wie Medikamenteneinsatz sind die Kompetenzen von Rettungssanitätern und Ärzten weitreichender als die der Samariter: «Ich habe es geschätzt, Hand in Hand mit solcher Unterstützung im Einsatz zu sein.»

Es gelten strenge Regeln
Ein wichtiger Grundsatz ist: Aus Sicherheitsgründen werden weder Medikamente noch Salben oder Sonstiges über die Schwelle abgegeben. Behandelt wird nur im Zelt und der angegliederten San Hist – oder bei einem Notfall auf Patrouille. Wer eine Beschwerde hat und behandelt werden möchte, wird, wie bereits erwähnt, zuerst vom Postenchef triagiert und an der eingerichteten «Reception» erfasst. Dabei geht es auch um Statistik. Verletzungen, Beschwerden, Symptome, Alter und Geschlecht fliessen unter anderem ein. Damit wird eine Auswertung der Einsätze gewährleistet. Danach wird die zu behandelnde Person einem anwesenden Samariter oder Sanitätssoldat zugewiesen. Ist die Behandlung abgeschlossen, geht es via Check-out an der «Rezeption» wieder zum Zelt hinaus.

Die häufigsten Blessuren und Beschwerden sind Kopfweh, Insektenstiche, Schürfwunden und Verstauchungen - aber auch übermässiger Alkoholkonsum. «Letzteres kann von amüsant bis mühsam reichen.», meint Paul, wenn er an die vorangegangene nächtliche Schicht denkt. «Und manchmal löst bei den Leuten die Praxis auf dem Posten, dass keine Hilfsgüter aus dem Zelt ausgegeben werden, Unverständnis aus. Doch schliesslich sind die Personen, die das Zelt aufsuchen, immer froh, dass ihnen einfühlsam und fachkundig geholfen wird.»

Behandelte fühlen sich gut aufgehoben
Vor dem Mittag kommt Betrieb auf. Vermehrt suchen Festbesucher mit Beschwerden den Sanitätsposten auf. So auch Angela Hofstetter, eine freiwillige Helferin am ESAF. Sie hat ihre Schicht beendet. Nachdem sie das Check-in passiert hat, weist Paul sie Patrick Steiger zu. Der Samariter vom SV Biel-Benken übernimmt und bringt sie nach hinten, um in Ruhe ihren von der Achillessehne geplagten Fuss hochzulagern. Nachdem die Patientin platziert ist, besorgt Patrick ein Coldpack. Damit verschafft er Angela Linderung von den Schmerzen, damit sie nachher ihre freie Zeit auf dem ESAF geniessen kann. Während sich der Fuss erholt, meint sie: «Ich bin froh, sind die Samariter da und kümmern sich um mich und alle anderen, die ein Problem haben. Es tut gut, sich sicher und versorgt zu fühlen.»

Wenn Helfer Hilfe brauchen. Patrick Steiger (links) kümmert sich um ESAF-Helferin

Schichtende, aber es geht weiter
Nun ist es Zeit für Paul zu gehen. Er übergibt den Posten für die nächsten zwölf Stunden an seinen Samariterkollegen Roger Frey. Danach gehts für ihn zum Mittagessen ins grosse ESAF-Helferzelt mit Beatrice Wessner.

Paul Ammann (links) übergibt nach seiner Schicht die Leitung des Sanitätsposten «Sana 10» an seinen Kollegen Roger Frey (rechts).

Nach ein paar Stunden Schlaf und einem Besuch an einem Geburtstagsfest wird er kurz vor 22 Uhr wieder am ESAF im Einsatz stehen. Roger Frey und seine Truppe sind sofort im Element. Die Anwesenden auf dem Posten arbeiten reibungslos weiter. Alles funktioniert tadellos. Derweil machen sich Laurens Heeb und Sarah Hänggi von den Samaritern Biel-Benken, die zwei Jüngsten der Freiwilligen im Einsatz, für eine Patrouille bereit. Auch ausserhalb des Zeltes kann Hilfe von Nöten sein. Ausgerüstet mit Funk und einem Erste Hilfe Notfallrucksack gehen sie auf ihre Runde über das Festgelände, um im Notfall für ihre Mitmenschen da zu sein.


Text: Philipp Binaghi
Bilder: Remo Nägeli

 

 

 

 

 

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